Einflussfaktoren auf die Sanierung im deutschen Wohngebäudebestand

Ausgangslage

Für die Erreichung der Klimaschutzziele müssen Energieeinsparpotenziale stärker als bis­her genutzt werden. Insbesondere dem Gebäudesektor kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. So werden gerade bei Bestandsgebäuden Einsparpotenziale bei Weitem nicht ausgeschöpft, was sich in einer zu niedrigen energetischen Modernisierungsrate äußert. Dies gilt trotz bestehender Förderprogramme zur Steigerung der Energieeffizienz wie der Förderung der KfW Bankengruppe. Die derzeit dennoch niedrige Sanierungsrate legt daher die Vermutung nahe, dass solche Förderprogramme den Eigentümern zu wenig bekannt sind, Hürden bei der Beantragung von Fördermitteln bestehen und/oder neben ökonomischen auch nicht-ökonomische Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf Sanie­rungs­entscheidungen haben. Die Einflussfaktoren für oder gegen eine energetische Sa­nie­rung wurden in wissenschaftlich fundierten Studien bislang jedoch nur fragmentarisch untersucht.

Ziele

Die Studie hat zum Ziel, die konkrete Entscheidungssituation zu beleuchten und Einfluss­faktoren für oder gegen eine energetische Sanierung in ihrem Zusammenspiel mit einer em­pi­rischen, schwerpunktmäßig qualitativ ausgerichteten Studie für die Eigen­tümer­grup­pen Selbstnutzer, Kleinvermieter und institutionelle Vermieter verschiedener Ge­bäu­detypen aus dem Altbau zu untersuchen. Dabei sollen Sanierungsanreize und -hemmnis­se identifiziert werden.

Vorgehen

  • Auswahl von Kommunen nach räumlichen Wohnungsmarktkriterien (wachsend vs. schrumpfend, Mietenstufe) und Vorhandensein eines energetischen Mietspiegels
  • Durchführung eines Screenings mit privaten Eigentümern mit Hilfe eines Kurzfragebogens als Basis für die Auswahl von 32 Interviewpartnern: hierfür erfolgt Recherche von Gebäudeadressen bestimmter Gebäudetypen aus dem Altbau nach optischen Kriterien (Google Earth); der Kurzfragebogen wird in Kooperation der Grundsteuerstellen im Zuge eines Adressmittlungsverfahrens an die Eigentümer der Gebäude versandt; Auswahl der Interviewpartner für die qualitativen Interviews erfolgt nach verschiedenen Kriterien wie Saniererstatus, Haushaltszusammensetzung, Gebäudetyp
  • Internetrecherche und Auswahl institutioneller Vermieter (n=4) in den relevanten Kommunen
  • Durchführung von Leitfadeninterviews zu Hintergründen, Abwägungen von Faktoren und Erfahrungen in der Entscheidungssituation bzw. bei der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen
  • Transkription und qualitative Inhaltsanalyse der Leitfadeninterviews mit MAXQDA

Ergebnisse

Die Studie offenbart eine Vielzahl förderlicher und hemmender Einflussfaktoren für die Entscheidung energetischer Sanierungsmaßnahmen, wobei Wechselwirkungen zwischen einzelnen Faktoren bestehen. Welche Faktoren wann und wie auf die Entscheidung einwirken ist individuell und hängt von den jeweiligen Rahmenbedingungen und dem persönlichen Hintergrund der Eigentümer ab. Grundsätzlich ziehen Sanierer und Nicht-Sanierer in etwa dieselben Faktoren in Erwägung, kommen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen, da Nicht-Sanierer (Teil-)Aspekte häufiger negativer bewerten als Sanierer. Für Vermieter sind ökonomische Aspekte stärker maßgebend, während Selbstnutzer eher bereit sind größere Investitionen zu tätigen, wenn sie zugleich ihren Wohnkomfort erhöhen können.

Grundsätzlich haben Sanierungsentscheidungen zwei Stufen. Auf der Ersten Stufe steht die Frage nach einem konkreten Sanierungsanlass. Bei vorhandenem Anlass erfolgt eine vertiefte Beschäftigung mit dem Thema (Stufe 2). Im Ergebnis werden zwar meist auch Sanierungen durchgeführt, variieren in ihrer Sanierungstiefe - je nach Argumenten-  jedoch stark und reichen von Einzelmaßnahmen bis hin zu einer Komplettsanierung. Ist kein Anlass gegeben erfolgt häufig keine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema und/oder spezifische Hemmnisse werden wirksam.

Die beiden häufigsten Sanierungsanlässe bestehen in Instandsetzungsnotwendigkeiten (Selbstnutzer und Vermieter) und der Erhöhung des Wohnkomforts (Selbstnutzer). Weitere Anlässe sind eine hohe ökologische Überzeugung, der Einfluss dritter Personen, Energiekosteneinsparung und gesetzliche Vorschriften als Denkanstoß.

Grundlegende Hemmnisse (Stufe 1 und 2) bestehen in finanziellen Restriktionen auch bei der Meinung, dass Maßnahmen an sich sinnvoll wären, in befürchteten Nachteilen (Feuchte/Schimmel, Brennbarkeit, Ungeziefer), in ökologischen Bedenken (Sondermüll, Entsorgungsproblematik) und verschiedensten Vorgaben (Denkmalschutz, Förder­richtlinien, Bürokratie, EnEV). Auf der zweiten Stufe kommen weitere Hemmnisse hinzu. Hierzu gehören Abwägungen ökonomischer Teilaspekte (finanzielle Situation, mögliche Finanzierungswege, Wirtschaftlichkeit inkl. Refinanzierung, Investitionskosten), geringe Relevanz oder negative Bewertung ökologischer Aspekte und eine nachteilige Optik durch Maßnahmen.

Ansatzpunkte zur Überwindung bestehen in der Schaffung eines größeren Bewusstseins für mögliche Sanierungsanlässe. Hierfür und für die Bewertung von Faktoren sind Meinungen (objektiver) Dritter wesentlich (Schornsteinfeger, Energieberater, Personen aus persönlichem Umfeld). Gezielte Angebote zur Verbreitung objektiver Informationen und zur Schaffung erlebbarer Vorbilder (Vorzeigeobjekte), möglicherweise in Zusammenarbeit mit Kommunen und Verbraucherberatern, bergen Potenzial  zum Abbau von Bedenken und Unsicherheiten. Zum Abbau ökonomischer Hürden wären eine Stärkung der Zuschussförderung und die Förderung auch kleinerer, sukzessiver Maßnahmen hilfreich.

Bearbeitungszeitraum

Dezember 2014 - Juni 2016

Projektteam

Kontakt

Dr. Ina Renz
06151 2904-79
i.renz(at)iwu(dot)de

Auftraggeber

  • KfW Bankengruppe

Weitere Informationen

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