Nominierung für Innovationspreis 2022 des Marktforschungsverbands
Forschungsprojekt „dataNWG“ ist Shortlist-Finalist – erstmals statistisch valide Primärdaten zu Nichtwohngebäuden erhoben
Der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher (BVM) nominierte das Projekt „Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude“ für den „Innovationspreis 2022“, einer Kategorie im „Preis der Deutschen Marktforschung“. Das Vorhaben „EnOB:dataNWG“ zählt zu den besten drei Bewerbungen dieses Jahres, gab der BVM ➨ in seiner Mitteilung bekannt.
Für die Auszeichnung hatte sich das Forschungsinstitut IWU gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen IFAK stellvertretend für das ganze Forschungskonsortium, dem auch das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) aus Dresden und das Fachgebiet Ökonomie des Planens und Bauens der Bergischen Universität Wuppertal (BUW) angehören, beworben. Mit dem Projekt konnte eine Lücke in der amtlichen Statistik geschlossen werden. Erstmals gibt es damit statistisch valide Daten über den Bestand der Nichtwohngebäude in Deutschland. Damit kann die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung besser auf das Ziel des klimaneutralen Gebäudebestands ausgerichtet werden.
„Für uns als Erhebungsinstitut war es eine einzigartige Studie. Die Grundgesamtheit waren Gebäude, die man nicht befragen konnte“, erläutert Martina Winicker, Geschäftsführerin des IFAK Instituts. „Für jedes Gebäude - angefangen bei Supermärkten über Friseursalons bis hin zu Justizvollzugsanstalten - musste eine kompetente Befragungsperson ermittelt und für die Studie begeistert werden. Das Fingerspitzengefühl unserer Interviewer*innen für jeden Gesprächspartner war hier sehr wichtig, um das Interview zu führen. Deshalb freut es uns umso mehr, für die Shortlist nominiert zu sein!“, so Martina Winicker weiter.
Stellvertretend für das Forschungskonsortium stellt IWU-Projektkoordinator Michael Hörner fest: „Ich freue mich sehr über die Nominierung für die Shortlist des Innovationspreises. Diese verstehen wir als eine Anerkennung für das in unserem Forschungsvorhaben erarbeitete innovative Konzept einer Primärdatenerhebung für einen Gebäudebestand“, so der Wissenschaftler. „Wir konnten wichtige Planungsgrundlagen im Gebäudesektor bereitstellen, die für den Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand notwendig sind“, erklärt Hörner.
Forscher wählten innovativen Ansatz
Als Gründe für die vor sieben Jahren getroffene Entscheidung für die Nutzung von Methoden der Marktforschung im Rahmen des Forschungsprojektes nennt Hörner: „Der Bestand der Nichtwohngebäude war zuvor in keiner amtlichen Statistik vollständig erfasst. Angesichts der Bedeutung für die Volkswirtschaft und die Klimaschutzpolitik in Deutschland ist das bemerkenswert. Mit der flächendeckenden Verfügbarkeit der Geobasisdaten stand im Jahr 2014 erstmals eine geeignete Auswahlgrundlage für eine Stichprobenerhebung zur Verfügung. Es eröffnete sich damit die Möglichkeit, auch für diesen Teil des Gebäudebestands eine statistisch valide und kostengünstige Primärdatenerhebung zu konzipieren“, so der Wissenschaftler.
Den Innovationswert des bei „dataNWG“ gewählten Vorgehens fasst Projektkoordinator Michael Hörner in drei Punkten zusammen:
Drei Erkenntnisse bzw. Innovationen kennzeichnen das Projekt EnOB:dataNWG, zum einen der methodische Ansatz, zum zweiten die Operationalisierung und zum dritten die Ergebnisse.
- Da es kein Gebäuderegister in Deutschland gibt, wurden erstmals mit dem Produkt Hausumringe Deutschland (HU-DE) Geobasisdaten als Auswahlgrundlage für eine Stichprobenerhebung in einem Gebäudebestand genutzt. Das bringt eine Reihe von Problemen mit sich, denn dafür sind diese nicht gemacht. Die Probleme konnten im Projekt gelöst werden.
- Es war aus vorherigen Projekten im Wohngebäudebestand klar, dass die wichtigen Informationen nur in einer Befragung von Eigentümern oder mit den Gebäuden gut vertrauten Personen zu erheben sein würden. Der Bestand der Nichtwohngebäude ist jedoch eher von institutionellen Eigentümern geprägt. Deshalb arbeiteten wir mit IFAK als professionellem Marktforschungsunternehmen zusammen, das für die Kontaktqualifizierung und die Organisation der Befragung zuständig war. Bei der Kontaktqualifizierung war es wichtig, für jedes Gebäude eine kompetente Befragungsperson zu finden und für die Studie zu begeistern. Über eine Internetrecherche oder mehrmaliges Durchfragen am Telefon wurden Eigentümer oder Facility Manager ermittelt. Es konnte auch sein, dass z. B. mehrere städtische Gebäude einer Stadt in der Stichprobe waren als auch bundesweit mehrere Filialen von Supermarktketten, bei denen die Ansprechpartner gleich für mehrere Gebäude Auskunft geben sollten. Es bedarf viel Fingerspitzengefühl für jeden Gesprächspartner, um das Interview zu führen und auch zu Ende zu führen. Um immer den besten Befragungsweg anbieten zu können, wurden die Interviews telefonisch und/oder online erhoben. So gab es die Möglichkeit, das Interview telefonisch zu beginnen und online fortzusetzen oder umgekehrt, als auch die Zielperson zu wechseln, wenn das einzelne Thema einen anderen Ansprechpartner erforderte. Durch die Bereitstellung von Informationen auf einer eigens dafür erstellten Webseite oder das direkte Zusenden auf Wunsch der Zielpersonen konnten viele von der Sinnhaftigkeit der Studie überzeugt werden.
- Es gibt nun statistisch valide Daten über den Bestand der Nichtwohngebäude, sowohl zu Anzahl, Flächen und Kubaturen als auch zu Stand und Dynamik der energetischen Beschaffenheit. Und zwar aus einer repräsentativen Stichprobe von Gebäuden. Bisherige Schätzungen zum Bestand der Nichtwohngebäude, die auch Grundlage gesetzlicher Regelungen bei Energieeffizienz und Klimaschutz im Gebäudesektor sind, beruhen auf Arbeitsstättenerhebungen und deren Umrechnung auf Nutzflächen und Gebäudeanzahlen. Das Problem dieser Studien liegt in der fehlenden Überprüfbarkeit der Eignung der gewählten Übertragungsmatrix von Arbeitsstätten auf Gebäude bzw. Nutzflächen. Demgegenüber sind alle Schritte in EnOB:dataNWG im Sinne der Stichproben- und Schätztheorie streng mathematisch ableitbar, die Stichprobengröße ist repräsentativ, um erwartungstreue Hochrechnungen auf die Grundgesamtheit zu erlauben, und sie ist ausreichend groß, um die statistischen Fehler in plausiblen Grenzen zu halten.
Aus den im Forschungsprojekt gewonnenen Daten lässt sich ableiten, dass die Rate der energetischen Modernisierung an den Gebäudehüllen im Bestand der Nichtwohngebäude deutlich gesteigert und die Umstellung der Wärmeerzeugung auf regenerative Energieträger erheblich schneller ablaufen muss, um die Klimaschutzziele Deutschlands im Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 zu erreichen.
Die Preisverleihung mit der Bekanntgabe des Gewinners des Innovationspreises ist für den 20. Juni in Frankfurt a. M. geplant.
Kontakt
Institut Wohnen und Umwelt
Rheinstraße 65
64295 Darmstadt
www.iwu.de
Michael Hörner, Wissenschaftler u. Koordinator dataNWG-Forschungskonsortium
+49 6151 2904-52
m.hoerner(at)iwu(dot)de
IFAK Institut GmbH & Co. KG
Georg-Ohm-Straße 1
65232 Taunusstein
www.ifak.com
Martina Winicker, Geschäftsführerin
+49 6128 747-951
martina.winicker(at)ifak(dot)com
Eine kurze Darstellung der wichtigsten Forschungsergebnisse findet sich unter:
➨ Newsartikel „Datenbank schließt Wissenslücken zu Nichtwohngebäuden“
Weiterführende Informationen bietet die dataNWG-Projektwebsite: